Jeder Kunde sollte sich bewusst sein: Kein Finanzberater arbeitet gratis. Wenn kein Beratungshonorar verlangt wird, ist der Berater darauf angewiesen, dass die Kunden seine Vorschläge über ihn umsetzen und die vorgeschlagenen Produkte kaufen. Denn die Beratung wird über Provisionen von Produktanbietern finanziert. Dadurch ist er eher ein verlängerter Arm des Vertriebs der jeweiligen Produktgesellschaft als ein unabhängiger Berater. Seine Interessen stellt ein Berater über diejenigen seiner Kunden, wenn er Produkte mit hohen Retrozessionen vorschlägt und den Kunden nicht transparent darüber informiert. Vielfach sind Produkte, die von Gratisberatern empfohlen werden, teurer als andere Produkte. Der Produktanbieter (Bank, Versicherung etc.) wird die Provision an den Berater bei der Kalkulation der Kosten integrieren.
Nicht alle Bereiche können abgedeckt werden
Aufwändige Beratungsbereiche wie Steueroptimierung oder Gesamtvermögensstrukturierung, bei denen keine entsprechenden Produkte, sondern Massnahmen oder eine umfassende Strategieberatung als Optimierung im Vordergrund stehen, kann ein „Gratisberater“ nicht im selben Umfang wie ein Honorarberater anbieten. Denn der Beratungsaufwand kann in diesem Fall nicht durch Produktrückvergütungen abgegolten werden. Dies hat zur Folge, dass provisionsfinanzierte Beratung oftmals weniger umfassend ist als Beratung gegen Honorar. Kurz: Am Schluss der Beratung muss ein Produkt verkauft werden – eine Amortisation der Hypothek, ein Pensionskasseneinkauf oder ein Rentenbezug bei der Pensionierung werden weniger empfohlen als bei Honorarberatern.
Kunden sind nicht immer bereit, für eine Beratung zu bezahlen
Gratisberatung in der Finanzwelt hat auch Vorteile. Eine Honorarberatung kostet schnell einige tausend Franken. Dies können oder wollen sich viele nicht leisten. Damit die kostenpflichtige Beratung überhaupt Sinn macht, müssen zumindest die Honorarkosten durch Optimierungsmassnahmen, kostengünstigere Produkte oder anderswo eingespart werden können. Dies ist nicht bei jeder Ausgangslage möglich. Honorarberatung macht daher eher Sinn für Kunden, die ein gewisses Vermögen und Optimierungsmöglichkeiten haben.